Jung, dynamisch, pleite? Muss nicht sein!
Am Dienstag, den 21.06.2022 bekamen wir, Schülerinnen und Schüler des P-Seminars Wirtschaft und Recht, juristischen Expertenrat von Herrn Angermayr. Er konnte uns die rechtlichen Rahmenbedingungen des Taschengeldparagraphen §110 darlegen und aufschlussreiche Antworten auf unsere im Vorfeld gestellten Fragen geben. Herr Angermayr ist Fachanwalt für Strafrecht und Strafverteidiger in Neuburg an der Donau und Umgebung.
Zu Beginn geht er beim Umgang mit Geld die verschiedenen Phasen der Geschäftsfähigkeit durch und veranschaulicht diese anhand von Beispielen aus dem Alltag. Beim Umgang mit Geld muss bedacht sein, dass Kinder unter 7 Jahre geschäftsunfähig sind, zwischen 7 und 14 Jahren sind die Jugendlichen beschränkt geschäftsfähig und ab 18 Jahren ist man erwachsen und somit geschäftsfähig. In der Realität ist dies etwas einfacher, da Jugendliche mit 17 Jahren beispielsweise auch schon einen Roller kaufen können, jedoch müssen die Eltern dann „mitspielen“ und sie tragen auch die Verantwortung dafür.
Der Rechtsanwalt würde nach seinem heutigen Wissen beim Umgang mit Taschengeld unter anderem auch in Bezug auf seine eigenen Kinder nichts anders machen. Er gibt zu, dass man sich in seiner Vaterrolle Gedanken macht und er gerne den „Übervater“ spielt, der sich Sorgen macht. Allerdings sind die Jugendlichen unter 18 Jahren durch das Gesetz sehr geschützt. Oft übernimmt man alles für die Kinder, jedoch sollte man seinen Kindern mehr Verantwortung geben und sie öfters auch mal was von ihrem Taschengeld bezahlen lassen, da sie sonst keine Vorstellung von den Lebenskosten bekommen können. Das Gesetz gewährt den Kindern bei rechtlichen Gefahren Schutz auch im Onlinebereich, in dem das Geld oftmals schnell und unkontrolliert ausgegeben wird. Kinder, die bereits ein Bankkonto haben, wissen oft gar nicht wie viel Geld sie überhaupt haben.
Weitere Diskussionsthemen sind die Deliktsfähigkeit und die Straffähigkeit Jugendlicher. Strafrechtlich kann man ab 14 Jahren bei einer Strafe belangt werden, zwischen dem 14. und 18. Lebensjahr erfolgt die Entscheidung nach dem Jugendstrafrecht und zwischen 18 und 21 Jahren entscheidet das Gericht, ob nach dem Jugend- oder Erwachsenenstrafrecht geurteilt wird. Die Eltern sind in keinem Fall verpflichtet, für die Straftaten, die ihre Kinder begangen haben, gerade zu stehen. Denn die bedingte Deliktsfähigkeit, also die Einsicht bezüglich der Tragweite einer unerlaubten Handlung und deren Folgen hinsichtlich des Schadensersatzes, besteht bereits ab einem Alter von 7 Jahren.
Abschließend wird das Thema der Verschuldung besprochen. So kann im Alter von 18 Jahren ein Rechtsbeistand aufgesucht werden, ansonsten steht einem auch die Caritas zur Verfügung, die einem hilft, sich von den Schulden zu befreien. Es besteht die Möglichkeit Privatinsolvenz zu beantragen, welche pro Person alle 11 Jahre beantragt werden kann. Allerdings ist die „Schuldenfalle“ groß und die Schulden werden oft immer mehr und mehr. Jugendliche sollten sich bei rechtlichen Problemen als erstes an die Eltern wenden. Denn normalerweise sollte man gemäß des Taschengeldparagraphen Anschaffungen, die vom eigenen Geld bezahlt werden, mit den Eltern absprechen. Dies sei die beste Prävention gegen einen falschen Umgang mit Geld, wodurch es zu Schulden vor allem bei jungen Erwachsenen kommen kann.
Mit dem Thema Schulden beschäftigten wir uns am 28.6.2022 nochmals intensiver bei einem Experteninterview mit Frau Buchner-Joppich, einer Schuldenberaterin der Caritas. Einsteigend mit der Frage, ob denn Schulden grundsätzlich schlecht seien, erkannten die Schüler*innen, dass beispielsweise ein Eigenheim ohne Kredit kaum zu finanzieren ist, dieses aber immense Vorteile für die spätere Altersvorsorge mit sich bringt.
Frau Buchner-Joppich klärt die Schüler*innen auch über den Unterschied zwischen einer Verschuldung und einer Überschuldung auf. Sie legt somit ein transparentes Bild ihres Berufsalltags und der dafür nötigen Qualifikationen wie Beratungsmethoden und umfassende Rechtskenntnisse auf.
Mit dem Ablauf einer Schuldenberatung vertieft sie das Thema des Interviews noch etwas. Detailreich schildert sie die verschiedenen Punkte bei dieser Beratung, sodass die Schüler*innen mit weiterhin bestehendem Interesse dem Vortrag gespannt lauschen. Dabei erklärt sie wichtige Begriffe wie Zwangsvollstreckung, gerichtliches Mahnverfahren, Pfändungsschutz und Insolvenzverfahren. Frau Buchner- Joppich nennt als häufigste Schuldengründe junger Erwachsener Handyschulden, die Finanzierung des ersten Autos sowie der ersten eigenen Wohnung und warnt vor Onlinebezahldiensten, durch welche man seine Ausgaben zu schnell aus dem Blick verlieren kann. Abschließend unterstreicht sie die Wichtigkeit des Taschengelds für das Erlernen des richtigen Umgangs mit Geld.
Quelle: Descartes-Gymnasium Neuburg a. d. Donau